Wahrheiten

Das, was der Amstetter kann, könnte ich das auch? Mich schaudert bei diesem Gedanken.

Eigene Wahrheiten konstruieren.

Der Mann ist noch nicht einmal krank, sagen die Experten, sondern „nur“ gesört.

„Ich hab`s doch nur gut gemeint“. Er glaubt daran. Das ist seine Wahrheit – eine andere ist ihm unvorstellbar. Täglich gibt es tausende dieser persönlichen Wahrheiten, die ganz anders sind, als sie die Mehrheit im gemeinsamen sozialen Codex lebt.

Das Selbstbild muss positiv sein. Dazu werden Verdrahtungen so lange umgepolt, bis sie wieder einem positiven Bild entsprechen. Kann man sich dieser Veränderungsmechanik entziehen, die scheinbar unbewusst vollzogen wird? War das bei Daum und Jan Ullrich auch so?

Dies sind nach meiner Meinung auch die Mechanismen der ewig Gestrigen, der so genannten Unverbesserlichen. Bricht diese Umbauaktion aus fehlender Stabilität zusammen, bleibt dem Mensch in Erkenntnis des Geschehenen oft nur noch eins: Der Selbsttod – die letzte konsequente Handlung eines negativen Selbstbildes – wie beim Bauleiter Ikea?

Auch wenn dies alles nur eine grobe und unvollständige Erklärung ist, so fällt mir der Umgang damit nicht leicht, denn: auch meine Wahrheiten sind nur so konstruiert, wie sie mein Selbstbild zu akzeptieren bereit ist.

Was weiß ich selbst bewusst darüber, welche Farben und Nuancen in meine Wahrheiten eingeschleust werden, damit sie vor mir selbst Bestand haben? Wenig bis nichts. In meinem Bewussten Tun bin ich selbst nur Marionette, gesteuert aus vielen unbewusst getroffenen Abwägungen, die sich wahrscheinlich nicht selten dem unteren Limit, dem 0-Punkt, nähern.

Das könnte eine Bankrott Erklärung sein. Ist es aber nicht. Es ist die Einsicht zum fortwährenden Dialog, zu mehr Sensibilität, zur Achtsamkeit. Wie ein GPS-Empfänger sende ich ein Signal aus und lausche auf die Rückkopplung der mich umschwebenden Satelliten. Sie sagen mir, ob ich mich verfahren habe. Sie halten mich auf dem richtigen Kurs meines gewählten Weges.

Darauf vertraue ich.